Leserbrief zu Kants 300. Geburtstag
an die Sä:chsische Zeitung 20./21.4.2024 M2: "Der bestirnte Himmel über mir"
"Nach seinem Tod galt er (Immanuel Kant) als überholt. Das änderte sich um die Mitte des 19. Jahrhunderts."
Das genaue Gegenteil trifft zu.
Schon seit Kants Neufassung der "Kritik der reinen Vernunft" 1787 entbrannte eine heftige Diskussion um die Vereinbarkeit des jenseitigen "Dings an sich" und der bewusstseinsimmanenten Erscheinungswelt: die Philosophie des Transzendentalen Idealismus.
Denn von 1790 an suchten Fichte und Schelling immer neu die Synthese
jenes "Dings an sich", das in der "Kritik der praktischen Vernunft" als "freier Wille" wieder aufgegriffen worden war, einerseits
und dieser "Erscheinung für uns" andererseits
innerhalb eines die Welt keimhaft entfaltenden und die aufgeblühte Entfaltung im Denken systematisch nachschaffenden Ichs,
bis schließlich Hegel 1807 in der "Phänomenologie des Geistes" diese beiden Seiten im immer neu sich übersteigernden Begreifen "an und für sich" identifizierte.
Diese philosophische Revolution auf Basis einer fruchtbaren Kant-Interpretation war gewiss schon vor Beginn des 19. Jahrhunderts ausgebrochen,
trat allerdings, parallel zu Hegel, in eine andere Phase ein, als Schopenhauers "Die Welt als Wille und Vorstellung" Kants Ethik ("Wille") und Erkenntnistheorie ("Vorstellung") im Werktitel kurz-schloss.
Die Kantwurzel dieses Werks wurde von den Schopenhauerianern Wagner, Nietzsche und Freud aber kaum noch wahrgenommen oder gar thematisiert.
siehe auch: Die vier Beweise zur transzendentalen Idealität von Raum und Zeit
in Immanuel Kants "Kritik der reinen Vernunft"
mit einem Leserbrief an den Spiegel (2004, unveröffentlicht)
zu Brian Greenes Frage